Im Rahmen der Welt-Demenzwoche hielt Autorin Margot Unbescheid im Foyer der Kulturhalle einen Vortrag vor Interessierten zum Thema „Demenz: Lügen oder Nichtlügen“. Auf Einladung der Öffentlichen Büchereien Münster und Altheim sowie der KEB Katholischen Erwachsenenbildung zog sie die Zuhörenden durch teils sehr persönliche Erfahrungsberichte von ihrem an Alzheimer erkrankten und mittlerweile verstorbenen Vater in den Bann.
Dessen Pflege hatte ihre Mutter und sie viel Kraft gekostet; die Erfahrung sie aber viel im Umgang mit der Krankheit und den Betroffenen gelehrt. Erfahrungen, die sie einerseits in ihrem Buch „Alzheimer: Das-Erste-Hilfe-Buch“ verarbeitet hat und seither in Vorträgen zu verschiedenen Themenfeldern rund ums Thema in ganz Deutschland weitergibt.
„Lügen oder Nichtlügen“
Das Thema des Abends war vielschichtig. Unbescheid ging dabei auf viele Bereiche des Lügens ein: Die helfenden Lügen, indem man als Betreuende dem Betroffenen nicht sagt, wo die Fahrt hingeht, weil er sich sonst vielleicht weigern würde, mit zum Arzt zu gehen. Aber auch die Lügen der Betroffenen, die selbst meist nicht gerne zugeben, dass vieles nicht mehr funktioniert wie vorher und dies verschleiern.
Ihre These lautet dabei: „Meine Würde und seine Würde hängen zusammen. Behandle ich ihn gemein, bin ich gemein.“ Daher solle man sich als betreuende Person immer die Frage stellen: „Welcher Mensch will ich sein?“ und nach dieser Maxime handeln, rät Unbescheid, die Situationen kennt, die die Betreuenden an den Rand ihrer Kräfte bringen. Falsch sei die Lüge, wenn sie dafür gebraucht würde, um den Betroffenen dazu zu treiben, etwas zu tun, das man als betreuende Person brauche.
Schwindeln, weil es einen erkrankten Menschen stärken kann, hält sie für nicht verwerflich. Verständnis zu zeigen mit unterstützenden Worte „Wie die Kaffeemaschine geht, kann ich mir auch oft nicht merken“, könne für einen Moment die Verzweiflung eines betroffenen Menschen lindern, dem sein eigener Verstand immer mehr Streiche spielt und das Selbstbewusstsein trübt.
Beziehungen sollen keinen Schaden nehmen
Ihr selbst ist es wichtig, dass das Vertrauen zwischen betroffener und pflegender Person bestehen bleibt: „Vertrautsein ist die Währung für die späteren sprachlosen Phasen“. Habe man sich das Vertrauen durch zu viel Schwindeleien verspielt, werde alles zunehmend schwieriger, erläuterte die Autorin.
Generell riet sie allen Pflegenden immer wieder während ihres Vortrags dazu, sich Hilfe zu holen. Kleine „Erholungsinseln“ seien ganz wichtig, auch das Einbauen von Enkeln und Kindern in die Betreuung, die oft noch einen anderen Zugang haben, könne Erleichterung und schöne Momente schaffen. Um diesen Bereich ging es auch im Austausch im Anschluss. Betroffene berichteten von Klinikeinrichtungen, die die erkrankte Person beaufsichtigen und Anwendungen für die pflegende Person möglich machten, um Kraft zu tanken. Zudem ging es um Anlaufstellen in der direktenten Umgebung, von denen ein Tisch mit Infomaterialien bereitstand.
Brigitte Ganz, Bildungsbeauftragte der Katholischen Erwachsenenbildung, zieht ein gutes Fazit der Veranstaltung: „Positiv überrascht hat mich nicht nur der Vortrag und die Lesung, sondern auch, dass viele der Teilnehmenden sich nach der Lesung über die Krankheit Demenz, deren Folgen und über die Änderung der Lebensumstände geäußert haben. Dies alles hat für mich gezeigt, dass das Thema sehr präsent in unserer Gesellschaft ist.“
Demenz-Lektüre in der Bücherei Münster
Vom Erlös der freiwilligen Spenden schafft die Bücherei Münster Literatur zum Thema an, die dort bald ausgeliehen werden können, informiert Büchereileiterin Lena Brunn. “Alzheimer: Das Erste-Hilfe-Buch” von Margot Unbescheid ist bereits zum Verleih in der Bücherei Münster verfügbar (bitte hier klicken, um zum Medienkatalog zu gelangen!) (LB)
Bildunterschrift: Autorin Margot Unbescheid berichtet während ihres Vortrags zum Thema „Demenz“ von vielen Erfahrungen aus der Zeit der Pflege ihres an Alzheimer erkrankten Vaters und gibt ihr Wissen an Interessierte in der Kulturhalle Münster weiter. Foto: Lena Brunn